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cäcilia brown


vom Heimweh befallen, träumt sie von Gehsteigen

Auf dem großen, leeren Vorplatz der Remise platziert, eröffnet die Arbeit „Daddy Longleg“ die Ausstellung, der die Strukturierung des öffentlichen Raums durch Infrastrukturen und den daraus resultierenden Machtkonzentrationen zugrunde liegt. Die Skulptur scheint wesenhaft den meist ungenutzten Platz mit dem dahinterliegenden Café zu beobachten. Sie besteht aus einer ehemaligen Kupferblechgaupe, die von teils krummen Beinen getragen auf einem Betonwürfel – wie man ihn vom Straßenbau kennt – steht.

Das Innere des Kunstraums wird von Objekten mit selbst hergestellten Emailtafeln dominiert. Wie übersetzte Versionen von Straßenschildern greifen die Arbeiten Bestandteile dieser „Ordnungshüter“ des öffentlichen Raums auf. Während im Verkehrswesen Warnungen, Gebote, Verbote und Richtungen formal vereinheitlicht sind, brechen organische Formen und unwillkürlich entstandene Farben und Verläufe in der Ausstellung mit jeglicher Normierung. Neben den pilzartigen, wie von Schimmel befallenen Emailarbeiten sind auch kleine, fast schon modellhafte Keramikarbeiten zu sehen. Im Entstehungsprozess spielen Feuer und Hitze sowohl bei der Herstellung von Email als auch von Keramik eine zentrale Rolle. Im Experiment mit Temperatur und Brandzusätzen wird dem Zufall bewusst Gestaltungsspielraum gegeben. Durch die Kombination von bereits vorhandenem, von der Zeit gezeichnetem Material mit unkontrollierbaren Arbeitsmethoden wird die ästhetische Vereinheitlichung unserer Umwelt hinterfragt.

Ein weiteres Element dieser Haltung findet sich im bewussten Verzicht auf exakte Maße und gerade Winkel in Cäcilia Browns skulpturalen Arbeiten. Diese konstruktive Ungenauigkeit bringt nicht nur eine gewisse Leichtigkeit mit sich, sondern öffnet Raum für das Spielerische und das Unvorhersehbare. Besonders deutlich wird das in einer Leihgabe ihres vierjährigen Sohns: einer Holztreppe, die ihm als Arbeitsplatz für seine Tonarbeiten dient und nun Teil der Ausstellung ist. Als Fragment des Alltags steht sie gemeinsam mit dem restlichen verwendeten Material exemplarisch für Browns künstlerisches Selbstverständnis – eine Kunst, die zum Teil auf ausgediente, aber bedeutungstragende Substanz zurückgreift. Ausgemustert aus dem Produktionskreislauf, was der zeitgemäßen Verwertungslogik nicht mehr genügt, trägt hier aus eigener Freiheit Form, Geschichte und Ausdruck. 

Text: Luka Berchtold

© Fotos: Christa Engstler

Cäcilia Brown (*1983 in Sens, FR) ist in Oberdorf bei Salzburg aufgewachsen und studierte performative Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste Wien sowie für ein Jahr an der Marmara University in Istanbul. Die in Wien und Niederösterreich lebende Künstlerin lehrt und lehrte an der Kunstuniversität Linz, der Universität für angewandte Kunst Wien, im Steinbildhauer:innen Symposium an der Sommerakademie Salzburg, sie hält gerne Vorträge und arbeitete viel mit Kindern. Einige Atelierstipendien ermöglichten ihr Arbeitsaufenthalte in Taiwan, Paris, Berlin, Moskau, Tokio und Peking. 2024 erhielt sie den Otto Mauer Preis.

Eröffnung:
Freitag, 20.06.2025, 20 Uhr

Ausstellungsdauer:
21.06.-26.07.2025

Öffnungszeiten:
Mittwoch bis Samstag,
Sonn- und Feiertag
von 15-18 Uhr

Kuratierende Künstlerin: Luka Berchtold

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